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Einzelhandel in der Corona-Krise – Wirtschaftsforum Freilassing und Protest 5 vor 12 Fußgängerzone Freilassing sowie Einzelhandel in Altenmarkt
April 29, 2021
„Vielen Betrieben steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals“ – Unternehmer Wolfgang Erl in Altenmarkt lobt aber: „Endlich klare, konsequente Linie und Gleichbehandlung“
Freilassing/Altenmarkt. Mit der stillen Protestaktion „Gedeckter Tisch“ machte der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA am 1. März in ganz Bayern auf die schwierige, teilweise verzweifelte Lage von Wirten und Hoteliers in der nicht enden wollenden Corona-Krise aufmerksam. Lautstärker geht es seit einigen Wochen bei den „5 vor 12“-Demos zu, bei denen sich beispielsweise in Freilassing jeden zweiten Montag Einzelhändler und Gastronomen treffen, um mit Löffeln und Kochtöpfen gegen die Schließung von Geschäften und Restaurants zu protestieren. Auch die unlängst von den Kreisvereinigungen der Freien Wähler Traunstein und Berchtesgadener Land nominierte Bundestagskandidaten Andrea Wittmann aus Truchtlaching machte sich vor Ort ein Bild. Zuvor hatte sie sich mit Vertretern des Wirtschaftsforums (WIFO) Freilassing ausgetauscht, das die Protestaktion ins Leben gerufen hat. Mit der Vorsitzenden Anni Klinger, deren Stellvertreter Florian Zeif, der Fachgruppensprecherin Petra Aicher und des Stadt- und Kreisrates Daniel Längst kam Wittmann überein, dass „vielen Betrieben das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht“. Es sei Zeit, dass man nach fünf Monaten Lockdown im Landkreis Traunstein – im Berchtesgadener Land sogar zwei Wochen länger – den Gewerbetreibenden unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen „eine Perspektive gebe, unabhängig von Inzidenzzahlen oder sonstigen Parametern“. Auf Unverständnis stieß auch die Ungleichbehandlung einzelner Branchen. So durfte in den letzten Wochen im Discounter und in den Baumärkten alles verkauft werden, im Einzelhandel aber nicht. „Click & Meet“ mit Kontaktdaten, auf der anderen Seite keine Begrenzung der Kunden, dass passe nicht zusammen, betonte die studierte Kirchenmusikerin und gelernte Touristikfachwirtin Wittmann, die auch auf dem „5 vor 12“-Protest in Traunstein vorbeischaute, wo sie den Inhaber des Altenmarkter Herrenbekleidungsgeschäfts Erl traf.
Unternehmer Wolfgang Erl freute sich bei einem nachfolgendem Pressetermin, dass es seit den Beschlüssen der Bayerischen Staatsregierung vom 7. April „nun endlich eine klare und konsequente Linie sowie eine vernünftige Gleichbehandlung gibt, da bin ich total froh“. Laut den Kabinettsbeschlüssen gelten nun für Buchhandlungen, Büchereien, Archive, Baumärkte, Gärtnereien und Baumschulen nämlich die gleichen Regelungen wie für den Einzelhandel. Wenn man sich allerdings das Gedränge in den Supermärkten anschaue, müsse man sich eingestehen, dass „die Verhältnismäßigkeit immer noch nicht ganz stimme“, so Erl. Dieser lobte die staatlichen Unterstützungsleistungen wie die Überbrückungshilfe III, mit deren Hilfe man, wenn man als Unternehmer in der Vergangenheit solide gewirtschaftet habe, auch einigermaßen unbeschadet durch die Krise kommen könne. Er selbst habe beim Wareneinkauf für den vergangenen Herbst/Winter sowie das Frühjahr „schon sehr vorsichtig geplant“ und sich beim Sortiment auf besondere Anlässe konzentriert wie Hochzeiten, Firmungen und Bewerbungsgespräche, die es ja trotz der Krise gebe. Mit dieser modischen Anlassmode sei er „zeitloser aufgestellt“ und unterliege nicht dem Druck, den die Konkurrenz habe, die ihr Sortiment zehn bis zwölf Mal im Jahr austausche. „Das kostet den Einzelhändlern in diesen Corona-Zeiten nämlich richtig viel Geld“, so Erl. Auch im Altenmarkter Trachtengeschäft Strohmayer verfüge man überwiegend über ein zeitloses Sortiment, doch der Ausfall unzähliger großer Feste und Festivitäten „macht sich natürlich auch hier beim Umsatz bemerkbar, das trifft uns schon hart“, räumt Erl ein. Statt „Click & Collect“ habe er in den vergangenen Wochen in seinem Herrenmodegeschäft auf „Call & Collect“ gesetzt. Eine Vollzeitkraft befinde sich in Kurzarbeit, die anderen seien nur geringfügig beschäftigt. Was ihm besonders abgehe, seien die persönlichen Kontakte und der tägliche Austausch mit seinen Mitarbeiterinnen. Erl hofft nun, dass die dritte Welle auch durch die voranschreitenden Impfungen bald gebrochen werden könne. „Spannend wird, wie sich die Geschichte auch in unserer Branche mit dem Testen entwickelt“, so der Unternehmer. Für die nächsten drei bis vier Wochen geht Erl aber davon aus, dass der Inzidenzwert im Landkreis sich weiterhin zwischen 100 und 200 bewege und nur Terminshopping-Angebote mit Vorlage eines aktuellen negativen Tests zulässig seien. mmü
Treffen mit der Vorsitzenden des Wirtschaftsforum Freilassing Anni Klinger und Team, die zudem den “lauten Protest 5 vor 12” ins Leben gerufen haben. Freilassing, Bad Reichenhall, Berchtesgaden und jetzt auch Traunstein. Den Einzelhandel vor Ort unterstützen, zudem die Gastronomie und die Hotellerie. Öffnungsperspektiven mit klugen Konzepten.